In den letzten Jahren wird von den Kollegen immer mehr mit einer so genannten Online-Scheidung geworben. Was verbirgt sich dahinter?
Sie erteilen als scheidungswilliger Ehegatte einem Rechtsanwalt online den Auftrag, Sie in Ihrer Scheidungsangelegenheit vor einem Amtsgericht zu vertreten. In der Regel füllen Sie Fragebögen aus, mit denen Sie Ihre persönlichen Verhältnisse offenbaren, wann und wo Sie geheiratet haben, wann Ihre Kinder geboren sind. Ihre Einkommensverhältnisse für den Verfahrenswert, den Beginn des Getrenntlebens und die jetzigen Wohnanschriften muss auch der Online-Anwalt von Ihnen erfahren. Sie unterzeichnen eine Vollmacht, die Sie dem Kollegen im Original per Post übersenden. Sie stellen ihm wenigstens per Datei Kopien der Heiratsurkunde und der Geburtsurkunden der Kinder zur Verfügung.
Unter Verwendung dieser Angaben fertigt der Kollege für Sie den Ehescheidungsantrag und reicht ihn beim zuständigen Amtsgericht, in der Regel an Ihrem Wohnsitzgericht, ein. Bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung werden Sie vom Online-Anwalt per Post oder E-Mail betreut. Unter Umständen führen Sie nicht ein einziges rechtsberatendes Gespräch. Zur Vertretung im Scheidungstermin vor dem Amtsgericht beauftragt der Anwalt in der Regel einen ortsansässigen Kollegen, den Sie vermutlich noch nie gesehen haben, dessen Namen Sie noch nicht gehört haben.
Diese Bearbeitung Ihres Scheidungsantrags scheint mir nur geeignet, wenn Sie auf jede darüber hinausgehende Beratung verzichten können oder wollen, wenn Ihnen der Aufbau eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zu Ihrem Anwalt unwichtig ist, wenn es für Sie unerheblich ist, welcher konkrete Rechtsanwalt Ihre Interessen im Scheidungstermin wahrnimmt.
Im Übrigen: Online-Anwälte sind auch nicht billiger. Alle Anwälte berechnen ihre Vergütung nach einem einheitlichen Kostengesetz, dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Den für die Höhe der Gebühren der Rechtsanwälte maßgeblichen Verfahrenswert legt das Amtsgericht im Zusammenhang mit der Scheidung fest.